Hintergrundinfos

Wir teilen hier gerne Hintergrundinformationen sowie persönliche Meinungen und Gedanken zu unserer Tierschutzarbeit in Ungarn mit Euch.

Die Wahl des "richtigen" Hundes

Wie wählen Menschen ihre Hunde aus? Gute Frage! Und sicher gibt es da keine pauschale Antwort, denn irgendwie ist ja jeder Weg eines Menschen zu seinem Hund oder eines Hundes zu seinem Menschen individuell und ganz persönlich!

Unsere Erfahrung ist einerseits, dass jene Hunde, die das Glück haben auf Pflegestellen reisen zu dürfen, ganz schnell Anfragen bekommen, sobald sie in der Schweiz sind. Natürlich kann man die Suchkriterien auf den jeweiligen Plattformen entsprechend anpassen, dies ist wohl ein Grund. Wir hören auch immer wieder, «ich muss den Hund einfach selber sehen». Oder: «Ich möchte schauen, wie der Hund auf mich reagiert, ob wir zusammen passen.» Können wir irgendwie schon verstehen.

Andererseits gibt es auch Menschen, die sehen ein Bild eines Hundes, ein Video und die wissen: «Der ist es!». Oder Menschen, die einen Hund sehen, der noch in Ungarn ist und die dann ganz viele Fragen haben, die wir natürlich gerne beantworten. Wir kennen «unsere» Hunde ja gut. Und solche Menschen sind dann oft bereit zu sagen: «Doch, ich mache das, ich adoptiere den Hund direkt von euch aus Ungarn». Diese glücklichen Hundis dürfen dann ohne «Zwischenstop» auf einer Pflegestelle gleich bei der Ankunft von ihren Menschen in die Arme geschlossen werden. Immer sehr bewegende Momente! Was veranlasste diese Menschen wohl dazu, den direkten Weg zu ihrem Hund zu gehen? Bauchgefühl, Intuition? Eine innere Sicherheit? Eine gewisse Offenheit und Neugier auf diese neue Seele, die da in ihr Leben tritt? Vielleicht auch die Unterstützung durch eine Tierkommunikation? Das würde uns interessieren!

Interessant ist auch, dass wenn mal ein Hund nach einer Adoption an uns zurück kommt, es nicht selten ein Hund ist, den die Leute auf Pflegestelle gesehen haben. Persönlich kennengelernt haben. Eher seltener sind es Hunde aus Direktadoptionen. Eigentlich erstaunlich!

Wir möchten hier in keiner Weise werten! Die Menschen sind verschieden, die Wege zu den Hunden sind verschieden. Das ist auch gut so und völlig in Ordnung. Einfach ein paar persönliche Gedanken und vielleicht auch ein kleiner Denkanstoss. Denn, wie wir alle wissen, findet uns immer irgendwie der richtige Hund. Oft nicht der, den wir uns gewünscht haben, sondern der, den wir jetzt gerade brauchen in unserem Leben. Auch das ist unsere Erfahrung… am Ende finden sich irgendwie immer die, die zusammen gehören!

"Die Hunde haben es doch schön bei Euch...

… die muss man gar nicht mehr retten. Ich nehme lieber einen Hund aus der Tötung.» Solche Sätze haben wir auch schon gehört und wir möchten gerne ein paar Dinge dazu erklären. Es liegt da nämlich ein kleiner Denkfehler vor…

Ja, die Hunde, die bei uns auf Hof Rafael sind, haben es wirklich gut hier. Also, ziemlich gut, es ist nämlich immer noch ein temporäres Zuhause, nicht IHR Zuhause, mit IHREN Menschen. Das ist schon noch ein Unterschied! Aber ja, klar, sie haben es gut bei uns. Sie werden sehr liebevoll behandelt und betreut, sie können rennen und spielen, sie bekommen genügend gutes Futter, wenn sie krank sind werden sie gepflegt. Sie haben ganz viel Spass und sie dürfen sich entwickeln und entfalten. Denn da wo sie herkommen, hatten sie es oft nicht so gut…

Einige der Hunde, die bei uns sind, kommen aus Tötungsstationen. Sie wurden von ungarischen Tierschützern dort herausgeholt. Das hat ihnen zwar das Leben gerettet, aber die ungarischen Tierschützer können sie auch nicht weiter vermitteln. Viele unserer Hunde kommen von verlassenen Höfen, wo sie manchmal wochenlang, manchmal monatelang oder gar jahrelang von Nachbarn gefüttert wurden – unregelmässig, alle paar Tage. Bis das auch nicht mehr möglich war. Wiederum andere Hunde übernehmen wir aus ungarischen Tierheimen, wo sie manchmal jahrelang waren. Manche kannten ihr Leben lang nichts anderes als das Tierheim. Oft leider ohne Chance auf Vermittlung. Zu alt, kein Welpe mehr, zu schwarz, … Gerade solche Hunde versuchen wir zu übernehmen und zu vermitteln. Und dann haben wir natürlich auch die Notfälle – Hunde von der Strasse in unserer Gegend, Hunde wo wir im Hilfe gebeten werden weil sie «weg müssen» – und wenn wir uns nicht kümmern können dann wird eine andere Lösung gefunden, was für den Hund oft den Tod bedeutet.

Und all diese Hunde können wir aufnehmen, sobald wir wieder Platz haben, weil eben Hunde vermittelt wurden, die bei uns auf Hof Rafael sind und die es schon gut haben…. Sie machen Platz für einen Hund, der vielleicht sonst bald nicht mehr leben würde!

Mit jedem Hund, der adoptiert wird, rettet man nicht nur diesen einen Hund, sondern auch den, der nachrücken darf! Das ist unseres Erachtens ein ganz wichtiger Gedanke! Jede Adoption rettet eigentlich zwei Leben!

Hilfe vor Ort

Habt ihr eigentlich gewusst, dass die Arbeit unseres Vereins nur zu ca. 50% aus der Vermittlung von Hunden in die Schweiz besteht? Dass unsere ursprüngliche Arbeit zu Beginn im Tierschutz immer „nur“ Hilfe vor Ort war? Das heisst, wir haben jahrelang Tierheime mit Futter und euren Sachspenden unterstützt und beliefert. Finanziell geholfen, mehrere Tierheime / Tierhöfe / Gnadenhöfe hier in Ungarn mit aufzubauen. Menschen vor Ort geholfen, bis wir unser eigenes Tierheim gegründet haben.
 
Diese Arbeit machen wir nach wie vor täglich, nur rückt es von der Kommunikation her manchmal etwas in den Hintergrund. Bei unseren vier ungarischen Vertrauenstierärzten werden wöchentlich, kontinuierlich, finanziert mit Euren Spenden, Hunde und Katzen kastriert. Was wir auch bei jedem einzelnen „Fall“ anschauen ist als erstes, und unserer Meinung nach das Wichtigste: Kann der Hund vor Ort bleiben? Wird er soweit gut gehalten und es braucht „nur“ etwas Hilfe und Unterstützung? Denn das wäre und ist bei jedem einzelnen Hund unser Ziel. Manchmal reicht es, ein Stück Zaun, der fehlt, zu bezahlen oder es ist kein Geld für Futter oder für die medizinische Versorgung vorhanden. Dann sind wir wieder gefragt, können mit eurem Spendengeld helfen und der Hund bleibt in seinem Zuhause. Natürlich ist unsere Bedingung und wir schauen es uns auch bei jedem Fall einzeln an, ob die Haltung unserem Herzen entspricht.
Wir nehmen auch Hunde von anderen Tierheimen auf, immer in Abmachung mit dem Tierheim nur solche, die hier aus welchem Grund auch immer schwer oder nicht vermittelt werden können / wurden. Manchmal sitzt ein Hund jahrelang im Tierheim und wir geben ihn in die Vermittlung und schwups ist er vermittelt und die Adoptantin schreibt uns wie glücklich sie mit ihm ist. Auch Hunde die ein Handycap haben oder schon älter sind werden von uns „rausgeholt“.
 
Neben dieser Arbeit geben wir auch manchen Menschen einen „Lohn“ für ihre Arbeit / Hilfe. Das kann Geld sein es können aber auch Kleiderspenden oder sonstige Dinge sein. Wir fahren ihre Hunde und Katzen zum Tierarzt wenn es notwendig ist, weil sie kein Auto besitzen. Wir geben ihnen Brennholz, Lebensmittel oder Bettwäsche / Decken / Frotteetücher. Wir geben nach wie vor den Tierheimen diverse Sachspenden weiter, wenn wir ein wenig Überschuss haben.
 
Dies alles läuft hier täglich neben den Vermittlungen. Was viele sicher auch nicht wissen: auch in der Schweiz unterstützen wir uns gegenseitig. Hund und Katze oder Hund und Hund. Ein wunderschöner Job. Das gefällt uns jeden Tag aufs Neue.

Hunde aus dem Ausland sind...

Da gibt es die unterschiedlichsten Meinungen dazu, wie Hunde aus dem Auslandtierschutz so sind. Die einen Leute sind der Meinung, alle diese Hunde seien traumatisiert, krank, hätten vor allem Angst. Andere wiederum finden, diese Hunde sind dankbar, sozial mit allen anderen Hunden, robust. Und was finden wir? Nun, wir denken, wie so oft, die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Und mal ganz grundsätzlich: Es gibt natürlich nicht DEN Hund aus dem Auslandtierschutz, ebenso wenig wie es DEN Dackel oder DEN Hund von einem Bauernhof gibt. Letztendlich reden wir ja immer noch von Lebewesen mit einem individuellen, einmaligen Charakter. Zum Glück!
 
Die Hunde, die bei uns auf dem Hof in Ungarn sind, werden in der relativ kurzen Zeit, die sie bei uns verbringen, bestmöglich auf ihr Leben in der Schweiz vorbereitet. Das heisst aber nicht, dass sie schon alles kennen und können. Die Hunde werden in der Schweiz mit ganz neuen Reizen konfrontiert und damit geht eben jeder Hund auf seine individuelle Art um. Manche sehr gelassen, andere verunsichert, wiederum andere vielleicht aus der Verunsicherung heraus mit Bellen. Der Hund, der in einer für ihn völlig neuen Welt ankommt, muss mit Geduld und Einfühlungsvermögen an das Neue herangeführt werden.
Hunde sind Meister im Beobachten. So wird ein Hund, der neu hier ankommt, sich in aller Regel zuerst mal anschauen, wie das hier so funktioniert. Da gibt es ja die berühmte «3 Tage, 3 Wochen, 3 Monate»-Regel, bis ein Hund wirklich so richtig angekommen ist. Das darf und muss man sich als neuer Besitzer bewusst sein. Es dauert, bis der Hund wirklich ankommt, Vertrauen fasst, sich öffnet und uns immer mehr Facetten seines Charakters zeigt. Eine wunderbare und spannende Zeit des gegenseitigen Kennenlernens und Zusammenwachsens. Ein Prozess, der nicht nach ein paar Tagen abgeschlossen ist. Diese Zeit muss man sich und dem Hund gemeinsam geben.
 
Auch wenn wir Leinenlaufen, Autofahren etc. in Ungarn üben, so heisst das noch nicht, dass die Hunde das bereits in jeder Situation zu 100% perfekt beherrschen. Gerade am Leinenlaufen muss in aller Regel weiter trainiert werden. Auch Hundebegegnungen verlaufen in der relativ «engen» Schweiz oft anders als in Ungarn und auch hier muss der Hund zuerst lernen, wie das denn in der Schweiz so abläuft. Er muss die hier geltenden «Spielregeln» (z.B. dass man an der Leine nicht einfach jeden Hund begrüssen kann) lernen und dafür braucht er Menschen an der Seite, die ihm dies auf freundliche aber auch klare und konsequente Art erklären.
 
Und dann: Gerettete Hunde sind dankbar. Natürlich sind alle Hunde, die es mal nicht so gut hatten, denen die ihnen zu einem wunderschönen Zuhause verholfen haben dankbar. Davon sind wir überzeugt. Von ihrem ganzen Herzen aus sind sie dem neuen Besitzer dankbar und lieben ihn dafür. Das ist auf der Herzebene bestimmt so. ABER… es gibt auch die natürliche, tierische, körperliche Ebene. Da sind sie einfach Hund. Sie buddeln, kläffen, streiten, pöbeln… halt alles, was so ein Hund machen kann aber nicht unbedingt sollte. Deshalb braucht JEDER Hund, ob aus misslicher Lage «gerettet» oder «sonst gekauft», liebevolle Führung von seinem Besitzer. Der Hund denkt nicht: «Ach, er hat mich gerettet deshalb jage ich nicht, obwohl das in meiner Veranlagung ist, damit zeige ich ihm meine Dankbarkeit.» Der Hund denkt nicht: «Ach, ich bin meinem „Retter“ so dankbar deshalb pöble ich halt jetzt nicht an der Leine obwohl ich Angst habe und selber die Situation regeln will oder was auch immer.» Deshalb wissen wir: Die Herzebene muss uns für die Dankbarkeit reichen. Auf der körperlichen Eben haben wir vielleicht viel Arbeit vor uns.
 
Hunde aus dem Ausland sind also in erster Linie mal einfach Hunde – Hunde, die in einem für sie völlig neuen Kontext ankommen und sich darin zurecht finden müssen. Dafür brauchen sie in manchen Situationen einen Kompass, um den Weg zu finden. Und dieser Kompass muss der neue Besitzer für sie sein! Dann können sich die Hunde gänzlich entfalten und ein wunderbares Leben führen, in dieser neuen Welt!  

Unsere Hofhunde – Partner, Helfer und Therapiehunde

Wer regelmässig unsere Neuigkeiten aus Ungarn auf FB oder auf der Homepage mitverfolgt, der sieht oft auch Bilder und Videos unserer Hofhunde Enya, Bella und Snoopy. Gerne möchten wir zu ihnen ein paar Worte sagen.

Während die drei Borderterrier Mocca, Ela und Jamie die privaten Hunde von Madeleine, Reto, Claudia und Chris sind, welche aus der Schweiz mit nach Ungarn kamen, sind Enya, Bella und Snoopy Vereinshunde. Alle drei sind Tierschutzhunde und bei allen dreien war der Entscheid, sie auf dem Hof zu behalten, ein Entscheid, der wohlüberlegt, bewusst und gezielt gefällt wurde. Alle drei Hunde haben ihre spezifischen Aufgaben und arbeiten täglich auf dem Hof mit, als Partner und Therapiehunde.

Enya und Bella sind diejenigen, die den Hof bewachen  und die in einer Notsituation durchaus auch zupacken würden. Gleichzeitig kommen beide auch als Therapiehunde zum Einsatz. Enya ist besonders bei ängstlichen oder zurückhaltenden Hunden einfach wunderbar um sie etwas «aus der Reserve» zu locken. Bella arbeitete früher oft mit bei Welpen und jungen Hunden, jetzt darf sie sich ein wenig zurück nehmen und Snoopy ist allmählich in ihre Fussstapfen getreten. Unsere Hofhunde kommen zum Einsatz bei der Erziehung und Sozialisierung von Welpen und Junghunden, als Helfer und «Eisbrecher» bei scheuen Hunden und natürlich als Spielpartner. Sie sind uns auch eine grosse Unterstützung um die Verträglichkeit von Hunden mit Rüden und / oder Hündinnen einschätzen zu können.

Und wenn wir, wie jetzt gerade wieder von einer unserer Pflegestellen, die Rückmeldung bekommen, wie gut sozialisiert unsere Junghunde bereits sind, so dürfen wir das Kompliment an unsere Hofhunde weitergeben. In diesem spezifischen Fall insbesondere an Snoopy! Er hat den Junghunden gezeigt, dass sie Spielsachen, die ein erwachsener Hund für sich beansprucht, auch in Ruhe zu lassen haben. Selbst wenn sie vor ihren Füssen liegen (siehe Video). Das sind scheinbar kleine Dinge, die aber wichtige Eindrücke bei einem Welpen oder Junghund hinterlassen und sein späteres Verhalten anderen Hunden und auch Menschen gegenüber positiv beeinflussen.

Kurz gesagt, unsere Hunde sind für uns enorm wichtige Partner auf dem Hof und leisten jeden Tag unschätzbare Dienste!

Dies ist auch der Grund dass Leute, die bei uns auf dem Hof mithelfen möchten, ihre eigenen Hunde leider nicht mitbringen können. Bei einem Kurzbesuch für einige Stunden ist es in aller Regel möglich, einen eigenen Hund in einem der Zwinger unterzubringen oder ja nach Witterung im Auto zu lassen, bei längeren Aufenthalten zur Mithilfe auf dem Hof ist dies aber leider nicht möglich.

Von Ungarn in die Schweiz

Wie läuft das genau ab, bis ein Hund durch unseren Verein aus Ungarn in die Schweiz kommt? Wie kommen die Hunde auf unseren Hof in Ungarn und was geschieht danach? Was gibt es alles zu tun, durch Madeleine Eisenhut und Claudia Gale in Ungarn, durch das Team in der Schweizer, bis Adoptanten ihr neues Familienmitglied in die Arme schliessen können? Dies möchten wir hier ein wenig aufzeigen.

Viele unserer Hunde kommen nicht von der Strasse, sondern aus anderen Tierheimen oder von Privatpersonen. Besitzer verstorben, Besitzer kann / möchte den Hund nicht mehr behalten, Hund entweicht ständig und kann deshalb nicht beim Besitzer bleiben…. so in etwa können die Geschichten sein. Wenn wir einen Hund aufnehmen können und dieser zu uns gebracht wird, so übernehmen wir die Kosten des Transports innerhalb Ungarns. Dieser Transport muss natürlich organisiert werden, was oft schon mit einem gewissen Aufwand verbunden ist.

Wenn der Hund ankommt, wird der Pass kontrolliert, der Hund wird gleich zum ersten Mal entwurmt und möglichst rasch gemessen und gewogen. In den ersten Tagen kommt ein Hund immer alleine in ein Gehege (ausser natürlich, er kommt schon mit einem «Kumpel» zusammen zu uns), vor allem, um Krankheiten ausschliessen zu können. Dann aber auch für eine erste Einschätzung und Madeleine macht sich dann immer viele Gedanken, welche «Wohngemeinschaft» am besten funktionieren könnte. Ziel ist auf natürlich auf jeden Fall, dass der Hund nach einigen Tagen mit mindestens einem Artgenossen das Gehege teilen kann. Gleich von Anfang an sind Madeleine und Claudia auch sehr bemüht, Fotos und Videos zu machen, damit wir auf unserer Homepage, Facebook und Instagram informieren und «Werbung» machen können.

Wenn der Hund ein wenig angekommen ist beginnt das Training, einerseits mit unserem Trainer Tibor und andererseits in den Alltag integriert mit Madeleine und Claudia. Halsband und Gstältli anziehen, Leine laufen, sich anfassen lassen, Auto fahren, etc. etc. Dann bringt man den Hund mit verschiedenen anderen Hunden zusammen, um einen Eindruck zu bekommen, wie die Verträglichkeit mit Rüden und Hündinnen ist. Bei alledem beobachten Madeleine, Claudia und Tibor den Hund natürlich sehr genau, tauschen sich aus, machen sich Gedanken über sein Wesen und Charakterzüge, die für die Vermittlung relevant sind. Aufgrund dieser Beobachtungen und Einschätzungen wird dann ein möglichst passender Text für die Inserate und die Homepage formuliert. Wir bemühen uns sehr, unsere Hunde möglichst gut einschätzen und entsprechend ausschreiben zu können. Oft muss aber der Text auch wieder überarbeitet werden, da sich Verhalten und Einschätzung nach einiger Zeit verändern können.

Gleichzeitig beginnt der «medizinische Countdown», der auch hinsichtlich der Ausreise wichtig ist. SNAP4-Bluttest, Kombiimpfung, Tollwutimpfung, Kastration. Das muss zeitlich gut koordiniert werden und verlangt Madeleine und unseren Tierärzten einiges an Zeit und Flexibilität ab! Das Team vor Ort und die Tierärzte beurteilen natürlich auch den allgemeinen Gesundheitszustand des Hundes; wenn irgendein Verdacht besteht werden weitere Abklärungen wie z.B. grosses Blutbild oder Röntgenaufnahmen gemacht. Ebenfalls wird durch den Tierarzt ein EU-Pass ausgestellt. Wir haben eine enge Zusammenarbeit mit unseren Tierärzten, was natürlich sehr wichtig ist.

Manche Hunde kommen zu uns auch in einem Zustand, der ein Baden und Scheren / Entfilzen notwendig macht. Zum Glück haben wir eine sehr liebe Hundecoiffeuse, die zu uns auf den Hof kommt.

Parallel zu dieser Arbeit «direkt am Hund» läuft die «administrative Schiene». Wie sind die Daten der nächsten Transporte in die Schweiz? Hat es Platz auf diesem Transport und wenn ja, für wie viele Hunde? Wann ist ein Hund aufgrund der Impfungen / Kastration reisefertig? Geht das alles zeitlich auf? Unzählige Telefone, Mails und SMS-Nachrichten.

Dann die Frage, kann der Hund direkt zu seinen Adoptanten reisen – im besten Fall sind in der Schweiz schon Anfragen gekommen, Telefone geführt, eine Vorkontrolle gemacht worden. Oder aber: Haben wir eine passende Pflegestelle in der Schweiz, die den Hund ab Datum des Transports aufnehmen könnte? Sowohl bei Pflegestellen wie auch bei Direktadoptanten muss beim zuständigen kantonalen Veterinäramt eine Bewilligung zur Einreise angefragt werden – eine sogenannte «Traces-Nummer». Diese Traces-Nummer brauchen dann wiederum die ungarische Amtstierärztin und das Transport-Unternehmen, um die offiziellen Papiere für die Ausreise und die Zollpapiere ausstellen zu können. Das heisst, all dies muss untereinander kommuniziert und koordiniert werden und ein oder zwei Tage vor Abreise kommt die ungarische Amtstierärztin auf den Hof, bringt die Papiere mit und kontrolliert die Hunde nochmals vor Ort. In der Schweiz kommt eine Tierärztin zur Ankunft der Hunde, um die Registrierung bei der Schweizer Datenbank Amicus vorzunehmen.

Ja, und dann ist er endlich da, der grosse Tag, wo Madeleine und Team die Hunde auf Hof Rafael in den Transporter verladen und diese am nächsten Morgen in der Schweiz in freudiger Erwartung von Adoptanten, Pflegestellen und Teammitgliedern empfangen werden. Immer sehr emotionale Momente und man wünscht den Hunden einfach nur das Allerbeste auf ihrer Reise in ein neues Leben und in ein hoffentlich perfektes Fürimmer-Zuhause. Dafür, dass Happyends für die Hunde möglich werden, geben wir alles. Und da steckt schon einiges an Arbeit dahinter, mal noch ganz abgesehen vom Alltag des Fütterns, Putzens und Versorgens der Hunde. Mit den Hunden schmusen, spazieren gehen und spielen – das ist das «Sahnehäubchen» der ganzen Geschichte. Es ist uns aber wichtig aufzuzeigen, dass da einiges mehr dahintersteckt. 

Und nicht zu vergessen auch – nach dem Transport in die Schweiz ist vor dem Transport! Denn kaum sind die Hunde abgereist machen sie Platz für die nächsten, die in der Regel schon sehr bald auf dem Hof ankommen. Und dann beginnt der ganze Ablauf wieder von vorne. 

Lernen im Alltag

Über die Arbeit unseres Hundetrainers Tibor mit den Hunden und über den Hintergrund dieser Trainings haben wir schon an anderer Stelle berichtet. Daneben gibt es aber auch eine Form des Lernens für die Hunde, die etwas weniger «spektakulär», aber mindestens ebenso wichtig ist und die permanent im Alltag stattfindet. Was meinen wir damit?
 
Unsere Hunde leben in grosszügigen Ausläufen und nehmen so oft wie irgend möglich am Alltag von Madeleine und Claudia teil. Das heisst, sie erleben Dinge wie Rasenmähen, Staubsaugen, den Hof mit dem Besen wischen, etc. etc. Regelmässig kommen Besucher vorbei, Frauen, Männer, manchmal auch Kinder. So machen die Hunde positive Erfahrungen mit unterschiedlichen Menschen. Mit Madeleine dürfen sie auch immer mal wieder ins Haus oder ins Futterlager, so dass sie auch Innenräume kennen lernen.
Integriert im Alltag werden die Hunde regelmässig ganz bewusst und an verschiedenen Körperstellen angefasst. Mal wird eine Pfote hochgehoben und kontrolliert, mal schaut man ihnen ins Maul und mal werden sie auch kurz festgehalten. Wir finden es sehr wichtig, dass Hunde dies kennen und dass sie es auf eine freundliche, positive und klare Art lernen durften. Auch beim Fressen wird ein Hund mal angefasst und es wird auch in den Napf gegriffen – könnte ja sein, dass man ihm später einmal unbedingt etwas wegnehmen muss, das er nicht fressen sollte. Deshalb werden auch solche Dinge geübt.
 
Gleich neben unserem Hof ist eine gut befahrene Strasse (Strassenlärm…) und auf der anderen Seite, ebenfalls angrenzend an unser Gelände, befindet sich eine Weide, wo oft Kühe grasen. Auch diese «grossen Tiere» lernen unsere Hunde daher kennen!
 
Wenn Madeleine oder Claudia zum Einkaufen fahren, dann ist fast immer mindestens ein Hund dabei. Jede Gelegenheit wird genutzt, um die Hunde auch ans Autofahren und an Eindrücke ausserhalb des Hofs zu gewöhnen. Gerade Claudia nimmt die Hunde regelmässig mit auf ausgedehntere Spaziergänge. Das heisst also, Geschirr anziehen, Laufen an der Leine, das kennen alle unsere Hunde bereits. Vielleicht noch nicht grad im perfekten «Fuss», aber zumindest so, dass der neue Besitzer gut darauf aufbauen kann.
 
So geben Madeleine und Claudia den Hunden aktiv ganz viel wichtiges «Rüstzeug» mit in ihr «Erfahrungs-Rucksäcklein». Wenn sie dann in die Schweiz reisen dürfen und sich dort als Familienhunde in den Schweizer Alltag integrieren sollen, so hilft das den Hunden enorm und erleichtert hoffentlich auch den Adoptanten den Start mit ihrem neuen Familienmitglied ein wenig. Natürlich heisst das nicht, dass die Adoptanten nicht weiter mit ihren Hunden arbeiten müssen / dürfen. Da gibt es noch viele neue Reize in der Schweiz, Autofahren muss evtl. nochmals geübt und gefestigt werden, Hundebegegnungen verlaufen in der Schweiz anders als in Ungarn, um nur einige Beispiele zu nennen. Das Lernen geht auch in der Schweiz weiter und darf und soll mit liebevoller Konsequenz begleitet werden. 

Getrennt oder zusammen?

Schon öfters sind Hunde zur Vermittlung zu uns gekommen, die ihr ganzes bisheriges Leben mit einem Geschwisterteil oder einem anderen Hundekumpel zusammen gelebt haben. Oberflächlich betrachtet denkt man da natürlich gleich: Die müssen doch unbedingt zusammen bleiben! Unsere Erfahrung zeigt aber, dass das nicht zwingend so sein muss.

Ein Beispiel haben wir aktuell grad auf dem Hof: Unsere fünfjährige Finja ist zusammen mit ihrer Schwester Folti zu uns gekommen. Folti war da schon praktisch vermittelt und wurde nach wenigen Tagen bei uns abgeholt. Finja zeigte sich zu Beginn etwas zurückhaltend, ein wenig «im Schatten» ihrer sehr offenen Schwester. Nach einigen Tagen ohne ihre Schwester taute aber auch Finja zusehends auf und zeigte uns Facetten ihrer Persönlichkeit, die wir vorher so gar nicht wahrnehmen konnten. Finja steht jetzt mit ihren kurzen Beinchen ganz fest im Leben, hat eine fröhliche und gleichzeitig in sich ruhende Ausstrahlung. Und durch ihre gestandene und sehr soziale Art hat sie sich sogar zu einer richtigen Therapiehündin für den noch etwas scheuen Piran entwickelt.

Ein anderes Beispiel sind die Brüder Frodo und Ares, die rund 7 Jahre zusammen auf einem ungarischen Hof gelebt hatten – sich aber nicht wirklich gut verstanden, sondern wohl eher eine “Zweckgemeinschaft” führten. Sie wurden letztes Jahr getrennt in der Schweiz vermittelt und sind nun beide in ihren jeweiligen Familien absolut geliebte Familienhunde, die ein rundum glückliches Leben führen.

Bei Sina und Charly (heute Viva und León), deren Geschichte unter “Happyends” zu finden ist, hatten wir uns den Entscheid «getrennt oder zusammen» auch alles andere als einfach gemacht. Madeleine und Claudia haben mehrmals hin und her geschwankt, die beiden beobachtet, über die Wochen hinweg, bis sie schliesslich zum Entscheid “zusammen” kamen. Und hier passt das “Zusammen”.

Und die Moral von der Geschichte? Es ist nicht immer alles so einfach und offensichtlich, wie man so auf die Schnelle gedacht denken würde… Viele dieser Hunde haben in einer “Zweckgemeinschaft” auf der Strasse oder einem Hof zusammen gelebt und hatten gar keine andere Wahl. In den meisten Fällen beobachten wir, wie  die Hunde richtig aufblühen wenn sie getrennt werden und, wie aktuell bei Finja, Seiten ihrer Persönlichkeit zum Vorschein kommen, die sie vorher gar nicht leben konnten. Zwei Mal hinsehen, beobachten, abwägen und überlegen lohnt sich also definitiv – zum Wohle der Hunde!

Agility für Tierheimhunde?

Wieso Tierheimhunde denn lernen «müssen» über Agility-Geräte zu gehen, werden wir immer mal wieder gefragt. Nun, da steckt eine ganze Anzahl von Überlegungen dahinter. Ganz bestimmt ist aber NICHT der Grund, dass die Hunde dann möglichst rasch in der Schweiz ins Agility-Training einsteigen können!

Also, worum geht es uns?

  • Zuerst mal ganz simpel: Das Training bietet den Hunden eine Abwechslung im Tierheim-Alltag
  • Sie lernen verschiedene Untergründe kennen.
  • Hunde, die noch nie zuvor etwas gemeinsam mit dem Menschen unternommen haben, dürfen erleben, dass das Spass macht. Und es gibt sogar Streicheleinheiten und Leckerlies dabei!
  • Die gemeinsamen Aktivitäten fördern den Bezug der Hunde zum Menschen. Darauf können und sollen die späteren Adoptanten aufbauen.
  • Für eher vorsichtige, etwas ängstliche Hunde kann das Überqueren des Stegs oder der Wippe eine gewisse Überwindung bedeuten. Wenn sie es dann mit Übung und Ermutigungen schaffen, so stärkt dies ihr Selbstbewusstsein.
  • Hunde, die bis anhin primär in einem Hinterhof oder sogar an der Kette gelebt haben, können beim bewussten Training an den Hindernissen ihr Körpergefühl verbessern.

Ihr seht also, es geht überhaupt nicht darum, möglichst schnell «Sportskanonen» aus unseren Hunden zu machen, es geht um viel mehr und um viel Wichtigeres! 😊  Die Übungen mit den Agility-Geräten sind einfach ein weiteres Puzzle-Steinchen in all unseren Bemühungen, die Hunde bestmöglich auf ihr Leben als Familienhunde in der Schweiz vorzubereiten und ihnen und den künftigen Adoptanten damit den Start ein wenig zu erleichtern.

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